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31.07.2022

Trageerschöpft?

Sicher hast du das auch schon einmal irgendwo gehört, oder?

"Das Pferd ist Trageerschöpft"

"Wichtig ist das Training der Tragemuskulatur"

"Zuerst muss der Trage-Apparat ausgebildet werden"

Doch was ist eigentlich damit gemeint? Soll das Pferd uns tragen? Oder vielleicht sich selbst?

Beides ist hierbei richtig.
In erster Linie geht es jedoch darum, dass das Pferd sich selbst, das heißt sein eigenes Gewicht tragen soll. Hierbei sprechen wir vor allem über den Rumpf (Körper ohne Kopf und Gliedmaßen) inkl. aller Organe, die ca. 150 kg wiegen und durch die Schwerkraft an der Wirbelsäule ziehen.
Die Besonderheit bei unseren Equinen ist, dass der gesamte Rumpf buchstäblich in den Seilen hängt-genauer gesagt, in der (Rumpf-)Tragemuskulatur.
Ist diese Muskelgruppe erschöpft, kann sie den Rumpf des Pferdes nicht mehr "tragen". Das Pferd verliert also seine Tragkraft, was sich darin äußert, dass der Brustkorb der Schwerkraft nach gibt und nach vorn/unten absinkt. Dies passiert natürlich nicht von heute auf morgen und die Ursachen sind vielfältig. Aber auch ein Pferd, welches nicht oder nur selten geritten wird, kann seine Tragkraft verlieren und somit langfristig Schwierigkeiten bekommen.

Wenn es dann soweit gekommen ist, kompensiert das Pferd die fehlende Tragkraft. Es kann also sich selbst, respektive die Organe, die an der Wirbelsäule "aufgehangen" sind nicht mehr in der dafür vorgesehenen Haltung tragen und kompensiert diese Situation durch die vermehrte Nutzung von Ausweich-Muskulatur. Diese ist jedoch nicht dafür geeignet solch eine Aufgabe langfristig zu übernehmen und verspannt.
Es kommt zu einer Kettenreaktion, die bishin zu massiven Schmerzen führen kann.
Das Pferd ist nicht mehr Leistungsfähig, bisheriges Equipment (Sattel) passen nicht mehr, die Pferde stolpern häufig+, hängen auf Grund des absinkenden Brustkorbes auf der Vorhand, ziehen die Schultern hoch und versuchen somit das Absinken zu verhindern, die Rückenlinie steigt ab Widerrist nach hinten oben an (Ansteigende Rückenlinie), das Pferd wirkt "lauffaul".

Was kannst du nun präventiv tun?

⭐Wichtig ist, dass das gesunde Pferd regelmäßig bewegt wird, denn "Leben ist Bewegung"++

⭐Der stärkste Tragemuskel des Pferdes wird besonders in der Gangart Trab angesprochen und aufgebaut.

⭐ Regelmäßig freies galoppieren hebt den Brustkorb an und fördern die Lastaufnahme der Hinterhand

⭐Ein vermehrtes untertreten der Hinterbeine, z.b. durch Seitengänge ist ebenfalls sinnvoll und dient u.a. der Aktivierung der Bauchmuskulatur, ebenso wie das rückwärts Richten.

⭐Regelmäßige Dehnung der Muskulatur und lösen der Faszien (nach professioneller Anleitung) um den gesunden Muskelaufbau sicher zu stellen ist ebenso von Vorteil.

⭐Außerdem solltest du genügend Pausen zwischen den Trainingseinheiten eingebauen.
Mind. 24h (bei anspruchsvollen Training 48h) braucht der angesprochene Muskel um auf die gesetzten Reize zu reagieren und sich zu regenerieren. Trotzdem kann man während der Pause leichte Bewegung ausüben, z.b. spazieren gehen.

⭐Reitest du dein Pferd? Dann ist es sinnvoll auch dies regelmäßig zu trainieren. Nur so kannst du die dafür benötigte Muskulatur aufbauen und erhalten. Ein gelegentlicher Ausritt, ohne regelmäßiges Training kann deinem Pferd unter Umständen mehr schaden.

Dennoch, ich kann und möchte natürlich keine generalisierte Trainingsanleitung aussprechen. Hierfür ist es wichtig, dass du dich mit deinem Therapeuten/Trainer abstimmst.
Ist dein Pferd bereits Trageerschöpft wird dieser durch gezieltes Training und begleitender Therapie einen Plan erstellen, damit der Zustand verbessert werden kann.
Umso wichtiger ist es, so früh wie möglich gegen zu arbeiten, denn Vorsorge ist immer besser und auch kostengünstiger als Nachsorge.

⚠️Als Tipp für dich⚠️
Nimm regelmäßig Fotos von deinem Pferd in Seitenansicht und ebenen Boden auf. Wenn möglich sollte dein Pferd immer geschlossen stehen. Schnell kannst du Unterschiede zwischen den Fotos feststellen und schneller Gegenarbeiten. Besonders gut ist hierbei auch eine eventuell ansteigende Rückenlinie zu erkennen.

Bei folgenden Symptomen solltest du zur Abklärung eine:n Therapeut:in hinzuziehen:

🔺Leistungsabfall oder "Widerstand"

🔺Muskeldellen, -Löcher

🔺Ungleichmäßig aufgebaute, harte Muskulatur (z.B. Knoten in der Hals Muskulatur)

🔺Häufiges Stolpern

🔺Probleme beim Galopp

🔺Dein Pferd kann mit Reiter:in oben drauf nicht lange still stehen, ohne schon

🔺Gurt Zwang

🔺Schmerzhafte Stellen beim Putzen, vor allem im Rücken

🔺Dein Pferd lässt sich nicht gern Trensen oder am Kopf berühren

🔺Dein Pferd kann die Hufe nur kurz geben oder gar nicht (vor allem auf der Vorhand)

🔺Fehlende Muskulatur um den Widerrist herum

🔺Eine ansteigende Rückenlinie

Zusätzlich kann dein:e Therapeut:in dich auch präventiv bei einem auf dein Pferde abgestimmten Trainingsplan unterstützen und dir Anleitungen zur Massage und Faszientherapie geben.

Bei Bedarf melde dich auch gern bei mir, denn wie gesagt, Vorsorge ist immer besser als Nachsorge.
Gezielte Massagen, Faszientraining sowie Tapeanlagen können auch von dir als Besitzer:in angewandt werden und unterstützen dein Pferd dabei, in seiner Balance zu bleiben. Ich gebe dir gern eine Anleitung zur Durchführung in Eigenregie.

Ich hoffe der Beitrag hat dir gefallen und du konntest etwas für dich & dein Pferd mitnehmen🍀🐎🍀

+Generell können Symptome wie Stolpern u.ä. natürlich auch bei anderen Einschränkungen im Bewegungsapparat auftreten

++Zitat: Andrew Taylor Still
Begründer der Osteopathie



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